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VW Abgasskandal: 30 jährige Verjährung

Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte, dass die lange 30 jährige Verjährungsfrist auch gegen die Volkswagen AG zur Anwendung kommt, wenn deren Organ einen Dritten durch eine qualifiziert strafbare Handlung iSd § 1489 ABGB schädigt. Eine strafgerichtliche Verurteilung ist für die Anwendung der langen Verjährungsfrist nicht erforderlich. Das Erstgericht hat nun zu prüfen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind.

Der Kläger erwarb im Oktober 2012 einen vom Abgasskandal betroffenen VW Golf Rabbit 2012 TD um € 17.700,-. Am 23.7.2020 brachte er Klage ein und begehrte € 5.310,- und Feststellung der Haftung von VW für künftige Nachteile aus dem Kauf des Fahrzeugs. Wenn er von der Manipulation gewusst hätte, hätte er für das Fahrzeug nur einen 30% geringeren Kaufpreis bezahlt.

Das Erstgericht wies das Zahlungsbegehren ab, ohne Feststellungen zu treffen. Es ging bereits aufgrund des Vorbringens des Klägers davon aus, dass das Zahlungsbegehren verjährt war. Die dreißigjährige Verjährungsfrist des § 1489 Satz 2 zweiter Fall ABGB sei nur auf den Straftäter selbst anwendbar. Für Personen, die mithaften, ohne selbst eine qualifizierte strafbare Handlung verübt zu haben, gilt die dreijährige Frist. Trotz Inkrafttreten des VbVG gelte für juristische Personen, die für das Verhalten Ihrer Mitarbeiter mithaften, die dreijährige Verjährungsfrist.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung.

Der OGH sieht dies anders. Da der Kläger bereits im Oktober 2015 darüber informiert wurde, dass sein Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen ist, war die kurze dreijährige Verjährungsfrist zum Zeitpunkt der Klagseinbringung bereits abgelaufen. Soweit stimmt der OGH den Vorinstanzen zu.

In Bezug auf die lange dreißigjährige Verjährungsfrist des § 1489 Satz 2 ABGB hat der OGH mittlerweile ausgesprochen, dass der Anspruch gegen eine juristische Person erst in dreißig Jahren verjährt, wenn deren Organ einen Dritten durch eine qualifiziert strafbare Handlung isd § 1489 ABGB schädigt.

Die lange Verjährungsfrist gilt dann, wenn der Ersatzanspruch aus einer gerichtlich strafbaren Handlung stammt, die nur vorsätzlich begangen werden kann und mit einer mehr als einjährigen Haftstrafe bedroht ist. Eine strafgerichtliche Verurteilung ist für die Anwendung der langen Verjährungsfrist nicht notwendig. Diese bewirkt jedoch, dass der Verurteilte sich in nachfolgenden Verfahren nicht mehr darauf berufen kann, die Tat nicht begangen zu haben.

An einen Freispruch oder eine fehlende Beurteilung ist der Zivilrichter jedoch nicht gebunden.

Wenn es keine strafgerichtliche Verurteilung gibt, muss der Zivilrichter selbständig prüfen, ob die Voraussetzungen für die lange Verjährungsfrist gegeben sind.

Der Kläger muss alle Tatbestandsvoraussetzungen im strafrechtlichen Sinn behaupten und beweisen. Im Falle von Betrug zumindest bedingten Täuschungsvorsatz, Schädigungsvorsatz und Bereicherungsvorsatz.

Im gegenständlichen Verfahren, wäre der Anspruch dann nicht verjährt, wenn der Kläger nachweisen kann, dass der behauptete Schaden aus einer mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, wie zum Beispiel schwerer Betrug iSd §§ 146,147 Abs 2 STGB, eines Organs von VW entstanden ist.

Der OGH stellt darüber hinaus klar, dass der Tatort des Betrugs auch jener Ort ist, an dem der Schaden eingetreten ist. Setzt ein Betrüger vom Ausland aus die betrugsspezifische Tathandlung gegen ein sich im Inland befindendes Opfer und tritt der Vermögensschaden im Inland ein, dann liegt eine Inlandstat vor, für die die österreichischen Strafgesetze gelten.

Der OGH verweist mangels Feststellungen zum Thema der langen Verjährungsfrist an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurück.

 

OGH 27. Juni 2022, 6 OB 160/21d

 

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