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VW Dieselskandal: LG Innsbruck verurteilt VW erstmals zu 30 Prozent Schadenersatz

Der Schaden tritt im Ankaufszeitpunkt ein und beträgt 30 Prozent des Kaufpreises.

Die Halterin eines Audi Q5 quattro, welcher von der Dieselabgas Rückrufaktion zum Motor EA189 betroffen war, hatte 2018 die Volkswagen AG geklagt. Die Konsumentin hatte das angebotene Software-Update nicht vornehmen lassen.

Das Landesgericht Innsbruck (LG Innsbruck) qualifiziert die Abschalteinrichtung als unzulässig iSd Art 5 VO (EG) Nr. 715/2007. Der Schaden liegt darin, dass das Fahrzeug mängelbehaftet war und somit die latente Gefahr des Zulassungsentzuges besteht.

Aus dem Umstand, dass das Software-Update nicht durchgeführt wurde, macht das Landesgericht der Konsumentin keinen Vorwurf, weil nicht klar ist, ob es durch das Update zu Beeinträchtigungen im Fahrbetrieb kommt.

Laut Würdigung des Gerichts ist eine Reparatur in Form des Software-Updates sowie allenfalls ein Austausch des Fahrzeuges überdies ungeeignet, um den Schaden wieder gut zu machen.

Folglich spricht das LG Innsbruck der Konsumentin Wertersatz zu. Der angemessene Kaufpreis liegt demnach 30% unter dem seinerzeit im Jahr 2009 tatsächlich bezahlten Preis.

Wäre zum Zeitpunkt des Kaufabschlusses nämlich bekannt gewesen, dass das Fahrzeug auf Grund der unzulässigen Abschalteinrichtung nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht, wäre ein angemessener Kaufpreis mit einem Nachlass von bis zu 30 % angemessen gewesen.

Im Ergebnis ist VW schuldig, eben diesen zu viel bezahlten Betrag in Höhe von rund € 14.000,-- an die Konsumentin zu zahlen. Weiters sind Zinsen in Höhe von 4 Prozent ab Klagseinbringung zu zahlen.

Damit liegt das erste Urteil in Österreich vor, in dem bei Behalten des Fahrzeuges Schadenersatz in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes des Kaufpreises zugesprochen wird.

Das Urteil hat eine wesentliche Bedeutung für die anhängigen 16 Sammelklagen, die der VKI 2018 gegen VW eingebracht hat. In diesen Sammelklagen wird ein vergleichbarer Schaden in Höhe von "nur" 20 % geltend gemacht, im Schnitt rund € 5.500,-- pro Person. In den 16 Sammelklagen sind insgesamt mehr als 400 vergleichbare Audi Q5 Fahrzeuge enthalten.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand: 18.9.2020).

LG Innsbruck 10.08.2020, 40 Cg 74/18w
Klagsvertreter: Mag. Michael Poduschka

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