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VW Dieselskandal: OLG Wien bestätigt Zuständigkeit der österreichischen Gerichte

Der Schaden des Käufers tritt, als Folge der VW-Manipulation, am Ort der Auslieferung des Fahrzeuges an den Käufer ein.

Ein Konsument begehrte vor dem Landesgericht Korneuburg (LG Korneuburg) von der Volkswagen AG den Kaufpreis Zug um Zug gegen Rückgabe eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuges. Als Eventualbegehren verlangte er EUR 6.000,- an Schadenersatz und die Feststellung, dass VW für jeden Schaden hafte, der ihm aufgrund des verbauten Dieselmotors EA 189 entsteht.

Hinsichtlich der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts stützte er sich auf den Ort des Schadenseintritts nach Artikel 7 EuGVVO, also jenen Ort an dem er das Fahrzeug übernommen habe.

Die Volkswagen AG wandte ein, das Gericht sei international und örtlich unzuständig. Die Rechtsvertreter von VW argumentierten, dass als Schadensort nur jener Ort in Betracht käme, an dem sich die Schädigung zuerst ausgewirkt habe und dies der Sitz der Beklagten, also Deutschland, sei. Weiters seien beim Kläger bloß Folgeschäden eingetreten, welche keinen Schadensort nach Artikel 7 Ziffer 2 EuGVVO begründen.

Das LG Korneuburg wies die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit mit Beschluss zurück. Der Konsument erhob Rekurs gegen diese Entscheidung und bekam vom Oberlandesgericht Wien (OLG Wien) als Rechtsmittelinstanz Recht.

Das OLG Wien wies die Einrede der Volkswagen AG, dass ein österreichisches Gericht international und örtlich unzuständig sei, zurück. Das OLG Wien führte in seiner Entscheidung aus, dass bei Ansprüchen aus unerlaubten Handlungen gegen Personen, die ihren Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat der EU haben Artikel 7 EuGVVO zur Anwendung komme. Demzufolge können diese Ansprüche auch in einem anderen Mitgliedstaat an dem Gericht jenes Ortes geltend gemacht werden, an welchem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Der Kläger kann dabei zwischen dem Handlungsort (=Ort an dem die schädigende Handlung stattgefunden hat) und dem Erfolgsort (= Ort an dem sich die Schädigung zuerst ausgewirkt hat) als Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit frei wählen.

Das OLG Wien wies dabei darauf, hin, dass es der ständigen Rechtsprechung der Rekursgerichte entspricht, dass der Vermögensschaden des Käufers, als Folge der Manipulation, am Ort der Auslieferung des Fahrzeuges an den Käufer eintritt, auch wenn die behauptete Manipulation der Abgaswerte nicht in Österreich stattgefunden hat. Da das Fahrzeug in Klosterneuburg ausgeliefert wurde, ergibt sich die (Anm: internationale und) örtliche Zuständigkeit des LG Korneuburg.

Damit liegen zumindest 20, die Zuständigkeit für Schadenersatzansprüche beim VW Dieselskandal bejahende, Entscheidungen aller vier Landesgerichte Österreichs vor.

Ein Revisionsrekurs an den OGH wurde zugelassen, da noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Anwendbarkeit des Artikel 7 Ziffer 2 EuGVVO bei der Auslieferung manipulierter Fahrzeuge besteht.

Die Entscheidung ist auch für die 16 Sammelklagen des VKI gegen VW richtungsweisend. Zwei Gerichte hatten kürzlich die internationale Zuständigkeit mangels Schadenseintritt in Österreich verneint. Rechtsmittel dagegen sind anhängig.

OLG Wien 12.02.2019, 133R 140/18p
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Klagevertreter: Mag. Michael Poduschka, RA in Linz


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