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VW-Gebäude
Bild: Marcel-Paschertz / Shutterstock.com

VW haftet wegen listiger Irreführung auf Schadenersatz

Das LG Wels sah eine listige Irreführung durch die Volkswagen AG als gegeben an und sprach dem Kläger den Kaufpreis abzüglich eines Benutzungsentgelts gegen die Rückgabe des Fahrzeuges zu. Dem manipulierten Fahrzeug fehlte es bereits im Kaufzeitpunkt an einer ordnungsgemäß erwirkten EG-Typengenehmigung, da diese erschlichen wurde. Ein Schaden trat daher bereits durch den Erwerb des Fahrzeuges ein.

Der Kläger erwarb am 15.2.2012 einen VW Tiguan von einem Vertragshändler für EUR 37.200. Nachdem der Kläger Probleme nach dem Software-Update feststellte und der Vertragshändler die Rücknahme des Fahrzeuges verweigerte, entschloss er sich, die Aufhebung des Vertrags und in eventu eine Wertminderung in Höhe von 30% gerichtlich  gegenüber der Volkswagen AG geltend zu machen.

Das LG Wels stellte fest, dass es bereits beim Ankauf des Fahrzeugs an einer für diese Motorbeschaffenheit ordnungsgemäß erwirkten EG-Typengenehmigung fehlte. Das Erwirken der EG-Typengenehmigung nur aufgrund der Tatsache, dass die wahren Umstände der Behörde unbekannt waren bzw. verheimlicht wurden, sei nämlich als erschlichene Genehmigung zu qualifizieren, die nach Bekanntwerden der Wahrheit wieder der behördlichen Entziehung unterliegt.

Das Gericht führte zum Schadenersatzanspruch des Klägers weiter aus, dass - analog zur Rechtsprechung bei Anlageschäden - bereits zum Zeitpunkt des Kaufes des manipulierten Fahrzeuges ein Schaden eingetreten sei. Dies deshalb, weil ein in Wahrheit nicht gewolltes Fahrzeug - nämlich ein PKW, dessen EG Typengenehmigung erschlichen wurde und wieder der behördlichen Entziehung unterliegt - erworben wurde.

Nach den Ausführungen des Gerichts haftet die Volkswagen AG auch für diesen Schaden. Dies begründete das Gericht damit, dass das bewusste Hintergehen der Behörden durch Präsentieren eines allein für das Bestehen des Abgastests am Prüfstand konzipierten Betriebsmodus, während für den normalen Fahrbetrieb im Straßenverkehr mittels verheimlichter Softwareausgestaltung in Wahrheit einen grundlegend anderen Betriebsmodus vorgesehen war, wodurch sich die Volkswagen AG aus reinem wirtschaftlichen Eigennutz mit einer - nur vorgeblich rechtskonformen - neuen Motorengeneration erhebliche Absatzvorteile verschaffte und noch erforderliche Entwicklungskosten sparte, als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 1295 Abs 2 ABGB qualifiziert werden muss.

Weiters erörterte das Gericht, dass §874 ABGB auch nicht unmittelbar vertragsbeteiligte Dritte zu Schadenersatz verpflichtet, wenn diese den Vertrag durch List bewirkt haben. Durch das bewusste Verschweigen der erschlichenen Typengenehmigung, die als behördliche Zulassungseignung und damit Straßenverkehrstauglichkeit essentielle Eigenschaft eines jeden KFZ ist, hat die Volkswagen AG den Erwerb des Fahrzeuges durch den Kläger mittels listiger Irreführung herbeigeführt.

Volkswagen muss daher nach §874 ABGB Schadenersatz leisten. Der Kläger ist dabei so zu stellen, wie er ohne Pflichtverletzung stünde. VW muss dem Kläger daher den Kaufpreis abzüglich eines Benützungsentgelts gegen Rückgabe des Fahrzeuges bezahlen.

Zu der in eventu beantragten Wertminderung traf das Gericht folgende interessante Feststellung: 

“Wenn ein Käufer im Jahr 2012 fiktiv zwei absolut gleiche Fahrzeuge angeboten bekommen hätte, eines davon mit einer verordnungskonformen Software und ein zweites mit einer zumindest vorerst unzulässigen Software, allerdings mit der Zusage, dass es ein verordnungskonformes Software-Update geben wird, hätte das Fahrzeug mit der vorerst illegalen Software um etwa 10 % billiger als das verordnungskonforme Vergleichsfahrzeug angeboten werden müssen, damit dieses gleich gerne und gleich wahrscheinlich gekauft worden wäre”.

Diese Feststellung ist insbesondere für die 16 Sammelklagen des VKI interessant, da dort auf Schadenersatz wegen Wertminderung geklagt wird.

 

Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Stand 14.04.2023)

LG Wels 31.03.2023, 8 Cg 15/21h

Klagevertreter: Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH

 

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