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Warnpflicht des Reiseveranstalters vor Schmuck-und Teppichkäufen?

 

Der Oberste Gerichtshof geht in dieser Entscheidung darauf an, unter welchen Umständen den Reiseveranstalter eine Warnpflicht gegenüber den Reisenden trifft, wenn die Reisenden im Rahmen der Pauschalreise zu Teppich- und Schmuckhändlern gebracht werden.

 

Der Kläger buchte bei der Beklagten eine Pauschalreise. Teil des geplanten Reiseverlaufs war ua der Besuch eines "faszinierenden Jahrhunderte alten Kunsthandwerks sowie einer Schmuckmanufaktur". Wegen der von ihm getätigten Käufe von Teppichen und Schmuck, begehrt der Kläger Schadenersatz vom Reiseveranstalter in Höhe der geleisteten Anzahlungen. Er wirft der Beklagten vor, sie hätte ihn vor den manipulativen Verkaufsstrategien der Händler warnen müssen, Obwohl der ihr zuzurechnende Reiseleiter über "die konkreten Abläufe" beim Teppichhändler und beim Juwelier "informiert/instruiert" gewesen sei, habe er den Kauf von Teppichen und Schmuck mit der Begründung, dass diese Waren (staatlich) "subventioniert" seien, als günstige Gelegenheit empfohlen.

 

 

Der OGH führt dazu aus:

 

Die (Teppich- und Schmuck-)Händler sind im Zusammenhang mit den vom Kläger mit ihnen jeweils abgeschlossenen Käufen nicht als Erfüllungsgehilfen des Reiseveranstalters anzusehen.

Der Reiseveranstaltungsvertrag umfasst grundsätzlich Schutz- und Sorgfaltspflichten als Nebenpflichten, die vom Reiseveranstalter wahrzunehmen sind. Eine Pflicht aufzuklären (als Ausfluss von vertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten), wird dann angenommen, wenn der Vertragspartner nach den Grundsätzen des redlichen Geschäftsverkehrs eine Aufklärung erwarten durfte, insbesondere wenn ihm ansonsten ein Schaden droht.

Ausgehend vom Klagevorbringen wurde das Bestehen einer Warnpflicht bei den Teppichkäufen verneint, weil der Kläger dazu nicht einmal behauptet habe, dass die Werte der Leistungen und Gegenleistungen in einem Missverhältnis gestanden seien. Er habe zwar den Begriff List an verschiedenen Stellen verwendet, dieser sei jedoch nicht von konkreten Tatsachenbehauptungen begleitet worden. Seinem Vorbringen habe sich nicht entnehmen lassen, dass seine Willensfreiheit eingeschränkt ("verdünnt") gewesen wäre. Er habe auch nicht vorgebracht, dass er unter Druck gesetzt worden wäre oder aus Furcht gehandelt habe.

Zum Schmuckkauf wird ausgeführt, dass die Beklagte als Reiseveranstalterin eine Warnpflicht gegenüber den Reisenden getroffen hätte, wenn sie [oder der ihr zuzurechnende Reiseleiter] in Kenntnis darüber gewesen wäre, dass der Schmuckhändler nahezu wertlose "Geschenke" mache, um diese später mit nicht unbeträchtlichen Beträgen in Rechnung zu stellen, insbesondere dann, wenn sie die Schmuckkäufe den Reisenden (auch) noch empfohlen hätte.

 

 

OGH 28.4.2020, 1 Ob 36/20f

 

Das Urteil im Volltext.

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