Die Konsumentin hatte für ihren Sohn zum 18. Geburtstag eine groß angelegte Feier organisiert. Teil des Programms war, dass der Sohn gemeinsam mit 15 Gästen von der Wohnung der Konsumentin abgeholt wird und zum Veranstaltungsort mit 200 geladenen Gästen gefahren wird. Für die Fahrt wurde eine Hummer-Stretch Limousine mit 16 Sitzplätzen und Party-Ausstattung gebucht.
Da die Feier für Sa. 14. März 2020 geplant war und schon im Laufe der Woche bis zum Samstag die Ausbreitung des Coronavirus immer schneller voranschritt und auch die Bundesregierung zahlreiche Maßnahmen ankündigte und zur sozialen Distanzierung aufrief, konnte die Konsumentin die Durchführung der Geburtstagfeier – auch mit der damals noch zulässigen Höchstzahl von 100 Teilnehmern – nicht mehr verantworten. Sie stornierte daher alle Leistungen, die sie bereits gebucht hatte, am 12.3.2020. Dies war bei den meisten Unternehmen aufgrund der Ausnahmesituation kostenfrei möglich. Der Vermieter der Limousine ermöglichte allerdings keine Stornierung und verlangte das gesamte Entgelt für die Fahrt. Zudem verlangte er für eine Umbuchung zusätzlich EUR 150,-. Die Konsumentin weigerte sich gegenüber dem Unternehmer, das Entgelt für die stornierte Mietwagenfahrt zu bezahlen.
Der Limousinenvermieter klagte nach erfolgloser Mahnung die Konsumentin. Der VKI unterstützte im Auftrag des Sozialministeriums die Konsumentin bei der Abwehr der Klage vor dem Bezirksgericht (BG) Innere Stadt Wien.
Das BG Innere Stadt beschäftigt sich in seinem Urteil ausführlich mit dem Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Es nimmt auch Bezug auf ein Urteil des OGH, der in Bezug auf einen Reisevertrag bereits geurteilt hat, dass es sich bei Ausbruch der Infektionskrankheit SARS um eine Unzumutbarkeit infolge höherer Gewalt handle (4 Ob 103/05h).
Das BG Innere Stadt kommt danach zum Schluss, dass beide Parteien bei Vertragsabschluss davon ausgingen, dass das Mitfahren in einer Hummer-Limousine mit bis zu 16 Personen keine Gesundheitsgefährdung darstellt. Der Ausbruch der Corona-Pandemie ist zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht vorhersehbar gewesen. Weiters stellt das Gericht fest, dass am 12.03.2020 die Weltgesundheitsorganisation die Corona-Krise als Pandemie eingestuft hat und es am selben Tag den ersten Covid-19-Todesfall in Österreich gab. Bei dieser Änderung der Verhältnisse handelt sich um höhere Gewalt. Gerade eine Fahrt in einer Limousine mit bis zu 16 Personen auf engstem Raum, die typischerweise unter musikalischer Beschallung erfolgt und damit lautes Sprechen notwendig macht, führt zu einem besonders hohem Infektionsrisiko. Die Teilnahme an einer solchen Fahrt stellt ein unzumutbares Risiko dar. Das Gericht weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass zu diesem Zeitpunkt noch weniger über die Gesundheitsfolgen von Covid-19 bekannt war. Damals war aber die Gefahr einerseits von tödlichen Verläufen der Krankheit und andererseits der Verbreitung und Ansteckung weitere Verwandter und Bekannter gegenwärtig, hält das BG Innere Stadt fest.
Daher sprach das Gericht der Konsumentin das Recht zu, aufgrund derart geänderten Verhältnisse den vereinbarten Termin nicht wahrzunehmen. Eine Vertragsanpassung scheiterte an den Kosten, die der Limousinenvermieter für die Umbuchung verlangt hatte. Eine Anpassung zu diesen Bedingungen war der beklagten Konsumentin nicht zumutbar. Das Gericht wies daher die Klage ab: Der Vertrag ist, aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, aufzuheben.
Das Urteil ist rechtskräftig.
BG Innere Stadt Wien 27.11.2020, 78 C 377/20y
Beklagtenvertreter: Dr. Anne Marie Kosesnik-Wehrle und Dr. Stefan Langer, Rechtsanwälte in Wien