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Wenn die Fluggesellschaft an den Reisevermittler statt an den Fluggast zahlt

Zahlungen der Fluggesellschaft an den Reisevermittler stellen keine schuldbefreiende Rückerstattung an Konsument:innen dar – so das Urteil des Landesgerichts Korneuburg. Die Fluggesellschaft muss daher nochmals an den Reisenden zahlen. Eine Rückerstattung über das bei der Buchung ursprünglich verwendete Zahlungsmittel wirkt nicht automatisch schuldbefreiend für die Fluggesellschaft.  

Eine Rückerstattung von Flugtickets, die über eine Vermittlungsplattform wie zB Opodo, Kiwi, lastminute.de, gebucht wurden, kann zu großem Frust bei den betroffenen Fluggästen führen: Die Buchungsplattform verweist auf die Fluggesellschaft, die Fluggesellschaft verweist auf die Buchungsplattform. Es kann sogar vorkommen, dass die Fluggesellschaft behauptet, bereits an den Vermittler gezahlt zu haben, der Vermittler aber wiederum behauptet, keine Zahlung erhalten zu haben bzw. diese nicht an den Reisenden weiterleitet.

So erging es auch einer Familie:

Die Familie buchte über eine Online-Buchungsplattform als Vermittler Flüge. Der Vermittler buchte diese Flüge für die Familie wiederum bei der Fluggesellschaft und hinterlegte für die Zahlung eine Kreditkarte. Da der Vermittler nicht auf seine Vermittlereigenschaft in der Buchung hinwies, stellte sich für die Fluggesellschaft diese Buchung des Vermittlers so dar, als wäre sie von den Reisenden selbst vorgenommen worden und nicht über einen Reisevermittler. Die Flüge wurden annulliert, die Familie wählte die Rückerstattung der Flugticketkosten. Die Fluggesellschaft überwies daher den Geldbetrag auf das bei der Buchung ursprünglich verwendete Zahlungsmittel – sohin auf die Kreditkarte des Vermittlers – und ging davon aus, dass es sich um die Kreditkarte der Familie handelte. Der Vermittler zahlte diesen Betrag allerdings nicht an die Reisenden aus.

Das Landesgericht Korneuburg urteilte, dass die Fluggesellschaft erneut an die Familie zu zahlen hat: Im Falle einer Flugannullierung steht den betroffenen Fluggästen gemäß der Fluggastrechte-VO ein Anspruch auf Rückerstattung der Flugscheinkosten gegenüber der ausführenden Fluggesellschaft zu. Damit die Fluggesellschaft aber eine wirksame Rücküberweisung durchführen kann, muss ihr die Kontonummer der Fluggäste bekannt sein. Der Anspruch auf Rückerstattung der Flugscheinkosten entsteht allerdings erst mit Annullierung des Flugs; insofern darf die Fluggesellschaft nicht automatisch davon ausgehen, dass Reisende mit einer Rücküberweisung auf das bei der Flugbuchung ursprünglich gewählte Zahlungsmittel einverstanden sind. Eine schuldbefreiende Rücküberweisung kann die Fluggesellschaft daher nur tätigen, wenn sie auf jenes Konto die Zahlung überweist, das ihr nach Flugannullierung seitens der Fluggäste bekanntgegeben wurde.

Landesgericht Korneuburg 19.08.2021, 22 R 210/21v (rechtskräftig)

Das Urteil im Volltext.

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