Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) führt - im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums - zwei Verbandsklagen wegen irreführender und aggressiver Werbung gegen Versicherungen, die - in Zusammenarbeit mit der Tageszeitung "Österreich" ihre Zukunftsvorsorgeprodukte mit "Gratis-iPhones bzw "-iPads" beworben haben. Das Landesgericht Salzburg wies die Klage gegen Wüstenrot (wegen einer Kampagne im Herbst 2011) ab; das Handelsgericht Wien hat soeben aber einer Klage gegen Helvetia (wegen einer Kampagne im Frühjahr 2012) stattgegeben. Nun wird letztlich der Oberste Gerichtshof entscheiden müssen.
Die Werbepraxis der beiden Versicherungen war ähnlich. In beiden Kampagnen arbeitete die jeweilige Versicherung mit der Zeitschrift "Österreich" eng zusammen: "GRATIS iPhone" in Koppelung mit einem Vertrag für eine Zukunftsvorsorge. Wer den Vertrag über diese Zukunftsvorsorge abschloß bekam von "Österreich", wenn auch die monatlichen Prämien zur Zukunftsvorsorge bezahlt wurden, das angepriesene Apple-Gerät gratis dazu. Im Kleingedrucken war aber auch vorgesehen, dass im Fall eines Stornos, einer Prämienfreistellung oder Prämienreduzierung innerhalb von 60 Monaten Österreich die Kosten des iPhones anteilig dem Kunden rückverrechnen würde.
Der VKI klagte beide Versicherungen nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) wegen aggressiver Werbung. Den Versicherungen sollte es untersagt werden, den Abschluss über ein langfristiges gebundenes Finanzprodukt mit einem Geschenk teurer und stark nachgefragter Produkte im Wert von mehreren hundert Euro, die mit dem Versicherungsvertrag in keinerlei innerem Zusammenhang stehen, zu unterlassen.
Die Klage gegen Wüstenrot wurde am 24.7.2012 vom Landesgericht Salzburg abgewiesen. Der VKI ging in Berufung - das Berufungsverfahren ist anhängig.
Der Klage gegen Helvetia wurde dagegen vom Handelsgericht Wien (HG Wien) mit Urteil vom 28.1.2013 stattgegeben. Helvetia hatte überdies einige Zeit irreführend mit einer staatlichen Prämie von 8,5 Prozent geworben, obwohl der Nationalrat bereits die Reduktion auf 4,25 Prozent beschlossen hatte. Darüberhinaus würde blickfangartig "die beste Rendite" unter Bezug auf eine Wertentwicklung des veranlagten Fonds von "6,20%" beworben, wobei nicht dazugesagt wurde, dass man die Wertentwicklung des Fonds keinesfalls mit dem Effektivzinssatz für den Verbraucher vergleichen kann, weil für diesen natürlich auch alle Abschlusskosten (Provisionen), Verwaltungskosten und Veranlagungskosten in Abzug zu bringen wären und daher die Effektivverzinsung geringer ist als die beworbenen "6,20%". Es ist - so das Gericht - irreführende Werbung, wenn der Werbende keine Bezugsgröße für Angaben zu einer "Rendite" macht.
Das HG Wien geht davon aus, dass sich die Werbung für eine prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge vorwiegend an junge Menschen richtet, die sich Sorgen um ihre spätere Pension machen. Das komme auch durch die Auswahl der Koppelungsprodukte zum Ausdruck: ein iPhone oder ein iPad richtet sich eben auch an eine technisch interessierte und innovative Gruppe von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die Koppelungsangebote können eine derart hohe Anlockwirkung haben, dass sich daraus eine unangemessene unsachliche Beeinflussung ergibt, weil der beworbene Personenkreis die langfristigen finanziellen Belastungen und Bindungen (man kann - so der OGH - eine Zukunftsvorsorge erst nach 10 Jahren Bindung kündigen) nicht richtig einschätzen könne.