Eine Konsumentin klagte ihren Rechtsschutzversicherer auf Deckung des Amtshaftungsverfahrens gegen die Republik Österreich iZm dem behördlichen Pandemie-Management Ende Februar/Anfang März 2020 in Tirol, insbesondere in Ischgl.
Art 7 der dem Vertrag zugrundeliegenden ARB 2013 lautet: „Was ist vom Versicherungsschutz ausgeschlossen? 1. Kein Versicherungsschutz besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen 1.1. in ursächlichem Zusammenhang […] 1.1.2 mit hoheitsrechtlichen Anordnungen, die aufgrund einer Ausnahmesituation an eine Personenmehrheit gerichtet sind, sowie mit Katastrofen; Eine Katastrofe liegt vor, wenn durch ein Naturereignis oder ein sonstiges Ereignis dem Umfang nach eine außergewöhnliche Schädigung von Menschen oder Sachen eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht.“
In 7 Ob 160/22p hatte der OGH bereits eine gleichlautende Klausel zu beurteilen: Die Klausel enthält zwei materiell eigenständige Regelungsbereiche: Den „Hoheitsausschluss“ und den „Katastrophenausschluss“. Letzterer ist weder intransparent gemäß § 6 Abs 3 KSchG noch gröblich benachteiligend iSv § 879 Abs 3 ABGB.
Das von der Klägerin angestrengte Amtshaftungsverfahren steht in ursächlichem Zusammenhang mit einer Katastrophe: Der OGH ist der Ansicht, dass der Katastrophenbegriff im vorliegenden Fall verwirklicht ist, weil die COVID-19-Pandemie im März 2020 eine weltweite, praktisch alle Lebensbereiche erfassende Krise war, die wegen der damals nicht verfügbaren wirksamen Medikation und Impfung eine enorme Zahl an Erkrankten und Toten forderte und überdies massive soziale sowie wirtschaftliche Schäden verursachte. Das „Ereignis“ war der Ausbruch des Virus und die darauf folgende unaufhaltsame weltweite Verbreitung. Der OGH hat zwar die COVID-19-Pandemie bislang als Ausnahmesituation iSd Hoheitsausschlusses gewertet (vgl 7 Ob 42/21h). Dies schließt aber die Beurteilung auch als Katastrophe nicht aus, weil durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer:innen im vorliegenden Zusammenhang eine Pandemie sowohl als „Ausnahmesituation“ als auch als „Katastrophe“ ansehen werden. Die COVID-19-Pandemie ist daher im hier relevanten Zeitraum (Frühjahr 2020) als Katastrophe iSv Art 7.1.1.2 ARB 2013 zu werten.
Darüber hinaus muss nach der Klausel ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Katastrophe und der Wahrnehmung rechtlicher Interessen bestehen. Dafür ist zunächst eine (reine) Kausalverknüpfung im Sinn der conditio sine qua non erforderlich. Dieser adäquat-ursächliche Zusammenhang ist im vorliegenden Fall gegebenen: Ein Coronavirus-Ausbruch führte im Frühjahr 2020 regelmäßig zu behördlichem Handeln zum Zweck der Vermeidung, Eingrenzung und Beseitigung der pandemiebedingten Schäden, sodass die dabei behaupteten Sorgfaltsverstöße typische Folgen gerade jenes Risikos sind, das ausgeschlossen werden soll. Das Amtshaftungsverfahren steht im ursächlichen Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie, weil die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Klägerin eine typische Folge der im Frühjahr 2020 bestehenden Pandemie und des dadurch bewirkten behördlichen Handelns waren.