Zum Inhalt

Erfolg gegen Wizz Air bei Rückforderung wegen Flugstornierung

, aktualisiert am

Im Februar 2020 buchten zwei Konsumenten Hin- und Rückflüge mit Wizz Air Hungary Ltd. (kurz: Wizz Air) von Wien nach Lissabon (Portugal) um ca. € 350,00. Geplanter Reisezeitraum war Anfang Mai. In der Zwischenzeit kam es zum Ausbruch der Corona-Pandemie. Die Konsumenten stornierten daher und traten ihre Flüge nicht an. Wizz Air erstatte den Konsumenten das Geld nicht zurück mit der Begründung, dass die Flüge wie geplant durchgeführt wurden. Im Auftrag des Sozialministeriums klagte der VKI für die beiden Konsumenten dieses Geld erfolgreich ein.

Portugal befand sich ab Mitte März im Ausnahmezustand: Der Großteil der Hotels, die gesamte Gastronomie, touristische Attraktionen sowie auch alle nicht essentiellen-Geschäfte waren geschlossen. Dieser umfassende Lockdown war auch noch zum geplanten Reisezeitraum der Konsumenten aufrecht. Die Einreise in Festlandportugal war zwar zu jedem Zeitpunkt der Krise für österreichische Staatsbürger möglich, ab Mitte März bestand allerdings die Pflicht, bei der Rückkehr nach Österreich eine 14-tägige Heimquarantäne anzutreten. Anfang April sprach das österreichische Außenministerium zudem für Portugal eine Reisewarnung mit der Sicherheitsstufe 6 aus. Diese Reisewarnstufe galt über den von den beiden Konsumenten geplanten Reisezeitraum hinaus.

Rechtswahlklausel

Gegenstand des Gerichtsverfahrens war vor allem, welches Recht hinsichtlich dieses Sachverhalts zur Anwendung kommt: Sofern keine Rechtswahl getroffen wurde, ist nach Art 5 Abs 2 Rom I-VO hier österreichisches Recht anzuwenden – in den AGB der Wizz Air Hungary Ltd., die ihren Sitz in Ungarn hat, fand sich allerdings die Rechtswahlklausel zu Gunsten des ungarischen Rechts. Aufgrund unzureichenden Vorbringens seitens Wizz Air im Verfahren kam das Gericht zum Schluss, dass die AGB mitsamt der Rechtswahlklausel nicht wirksam vereinbart wurden. Nichtsdestotrotz setzte sich das Gericht auch inhaltlich mit der Klausel auseinander: Wären die AGB vereinbart worden, wäre diese Rechtswahlklausel unwirksam. Diese Klausel ist intransparent und irreführend, da sie nicht darauf hinweist, dass der Verbraucher trotz Rechtswahl Schutz durch die zwingenden konsumentenrechtlichen Bestimmungen seines Staates genießt.

Wegfall der Geschäftsgrundlage

Die Anwendbarkeit österreichischen Rechts mündete in der Anwendung der „Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage“. Demnach kann der Kunde vom Vertrag ohne Zahlung einer Stornogebühr zurücktreten, wenn die Reise aus sich nach dem Vertragsabschluss ergebenden Umständen unmöglich oder unzumutbar wird. Dabei setzt die Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage voraus, dass die Änderung der Verhältnisse nicht vorhersehbar war.

Das BG Schwechat führte aus, dass es den beiden Konsumenten zum Zeitpunkt der Buchung Anfang Februar nicht vorhersehbar war, dass es in ganz Europa zu weitgehenden Lockdown-Maßnahmen – darunter Sperren von Hotellerie, Gastronomie, Handel- und Ausgangsbeschränkungen – kommen würde. Wizz Air muss daher den beiden Konsumenten das gesamte Geld für die Flugtickets rückerstatten.

Das Urteil ist rechtskräftig.

BG Schwechat 06.04.2021, 17 C 578/20h

Klagsvertreter: Mag. Matthias Strohmayer, LL.M., Rechtsanwalt in Wien

Zum News.

Diesen Beitrag teilen

Facebook Twitter Drucken E-Mail

Das könnte auch interessant sein:

Unzulässige Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Belvilla AG

Unzulässige Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Belvilla AG

Der VKI hat – im Auftrag des Sozialministeriums – die Bellvilla AG (Belvilla), ein Schweizer Unternehmen im Bereich der Ferienunterkunftvermietung, wegen 25 Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen geklagt. Da Belvilla zu der für den 19.3.2024 anberaumten Verhandlung nicht erschienen ist, erging über Antrag des VKI ein (nicht rechtskräftiges) Versäumungsurteil.

Gesetzwidrige Klauseln eines Pauschalreiseveranstalters

Die Bundesarbeiterkammer klagte ein Reiseveranstaltungsunternehmen; dieses veranstaltet insbesondere Maturareisen in Form von Pauschalreisen. Im Verbandsverfahren wurden alle 11 eingeklagten Klauseln für unzulässig erklärt.

Unzulässige Klauseln in Entschädigungsbedingungen der WESTbahn

Der VKI hat Westbahn wegen drei Klauseln in ihren Entschädigungsbedingungen abgemahnt, ua. eine Klausel, die einen Höchstbetrag von EUR 80 für das Hotel im Fall einer Übernachtung wegen Ausfall, Verspätung oder Versäumnis des letzten Anschlusses am selben Tag vorsieht. Die Westbahn hat zu allen Klauseln eine Unterlassungserklärung abgegeben.

Rückerstattungsklauseln bei SWISS sind gesetzwidrig

Rückerstattungsklauseln bei SWISS sind gesetzwidrig

In der EU haben Fluggäste eine Vielzahl an Schutzrechten. Bei gestrichenen Flügen kommt es dennoch öfter zu Problemen. Rückzahlungen kommen mitunter nicht bei den Verbraucher:innen an. Bei einigen Fluglinien regeln eigene Klauseln, wie eine Rückerstattung erfolgen soll – so auch bei der Swiss International Air Lines AG (SWISS). Drei dieser Rückerstattungsklauseln wurden vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums beanstandet. Das Oberlandesgericht (OLG) Wien hat die Ansicht des VKI jetzt bestätigt. Das Urteil ist rechtskräftig.

Weitere Klauseln von Laudamotion unzulässig

Der VKI hatte die Laudamotion GmbH wegen insgesamt 24 Klauseln aus deren Allgemeinen Beförderungsbedingungen geklagt. Bereits in der 2.Instanz wurden vom OLG Wien 19 Klauseln rechtskräftig für unzulässig befunden. Nun erklärte der OGH 4 weitere Klauseln für gesetzwidrig.

OGH: EasyJet verweigerte zu Unrecht die Beförderung

Die Fluggesellschaft EasyJet UK Limited („EasyJet“) verweigerte einem irakischen Staatsbürger zu Unrecht – wie der Oberste Gerichtshof (OGH) nunmehr rechtskräftig entschied – die Beförderung von Wien nach London. Obwohl seine Ehefrau den Flug in Anspruch nehmen hätte können, stellte die Beförderungsverweigerung ihres Ehemannes auch einer Beförderungsverweigerung ihr gegenüber dar.

unterstützt durch das

Sozialministerium
Zum Seitenanfang