Portugal befand sich ab Mitte März im Ausnahmezustand: Der Großteil der Hotels, die gesamte Gastronomie, touristische Attraktionen sowie auch alle nicht essentiellen-Geschäfte waren geschlossen. Dieser umfassende Lockdown war auch noch zum geplanten Reisezeitraum der Konsumenten aufrecht. Die Einreise in Festlandportugal war zwar zu jedem Zeitpunkt der Krise für österreichische Staatsbürger möglich, ab Mitte März bestand allerdings die Pflicht, bei der Rückkehr nach Österreich eine 14-tägige Heimquarantäne anzutreten. Anfang April sprach das österreichische Außenministerium zudem für Portugal eine Reisewarnung mit der Sicherheitsstufe 6 aus. Diese Reisewarnstufe galt über den von den beiden Konsumenten geplanten Reisezeitraum hinaus.
Rechtswahlklausel
Gegenstand des Gerichtsverfahrens war vor allem, welches Recht hinsichtlich dieses Sachverhalts zur Anwendung kommt: Sofern keine Rechtswahl getroffen wurde, ist nach Art 5 Abs 2 Rom I-VO hier österreichisches Recht anzuwenden – in den AGB der Wizz Air Hungary Ltd., die ihren Sitz in Ungarn hat, fand sich allerdings die Rechtswahlklausel zu Gunsten des ungarischen Rechts. Aufgrund unzureichenden Vorbringens seitens Wizz Air im Verfahren kam das Gericht zum Schluss, dass die AGB mitsamt der Rechtswahlklausel nicht wirksam vereinbart wurden. Nichtsdestotrotz setzte sich das Gericht auch inhaltlich mit der Klausel auseinander: Wären die AGB vereinbart worden, wäre diese Rechtswahlklausel unwirksam. Diese Klausel ist intransparent und irreführend, da sie nicht darauf hinweist, dass der Verbraucher trotz Rechtswahl Schutz durch die zwingenden konsumentenrechtlichen Bestimmungen seines Staates genießt.
Wegfall der Geschäftsgrundlage
Die Anwendbarkeit österreichischen Rechts mündete in der Anwendung der „Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage“. Demnach kann der Kunde vom Vertrag ohne Zahlung einer Stornogebühr zurücktreten, wenn die Reise aus sich nach dem Vertragsabschluss ergebenden Umständen unmöglich oder unzumutbar wird. Dabei setzt die Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage voraus, dass die Änderung der Verhältnisse nicht vorhersehbar war.
Das BG Schwechat führte aus, dass es den beiden Konsumenten zum Zeitpunkt der Buchung Anfang Februar nicht vorhersehbar war, dass es in ganz Europa zu weitgehenden Lockdown-Maßnahmen – darunter Sperren von Hotellerie, Gastronomie, Handel- und Ausgangsbeschränkungen – kommen würde. Wizz Air muss daher den beiden Konsumenten das gesamte Geld für die Flugtickets rückerstatten.
Das Urteil ist rechtskräftig.
BG Schwechat 06.04.2021, 17 C 578/20h
Klagsvertreter: Mag. Matthias Strohmayer, LL.M., Rechtsanwalt in Wien
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