Ein Ehepaar buchte eine zweiwöchige Pauschalreise in Ägypten von 05.03.2020 bis 19.03.2020 zu einem Gesamtpreis von ca EUR 1.500,00. Infolge Ausbruchs der Covid-19-Pandemie spitzte sich die Lage ab dem 14.03.2020 mehr und mehr zu: Die Reisenden durften das Hotelzimmer nicht mehr verlassen und Teile der vereinbarten Reiseleistung konnten daher nicht mehr erbracht werden. Die Konsumenten versuchten mit dem Reiseveranstalter Kontakt aufzunehmen – vergeblich. Schließlich erhielten die Konsumenten am 16.03.2020 – drei Tage vor geplanter Abreise – ein Schreiben seitens des österreichischen Außenministeriums, dass sie unverzüglich die Rückreise antreten sollen und der Flughafen in Ägypten ab 19.03.2020 12:00 Uhr geschlossen werde. Der gebuchte Rückflug war allerdings für diesen Tag um 15:55 Uhr angesetzt. Der Reiseveranstalter war nach wie vor nicht zu erreichen. Die Konsumenten sahen daher als einzige Möglichkeit, ihre Rückreise unverzüglich selbst zu organisieren und mussten dabei feststellen, dass bereits alle Flüge nach Österreich ausgebucht waren. Es blieb ihnen nur noch ein Flug am frühen Morgen des 17.03.2020 nach Zürich. In der Zwischenzeit wurden aber auch alle Zugverbindungen zwischen Schweiz und Österreich eingestellt. Daher fuhren sie mit dem Zug von Zürich nach St. Margrethen, gingen von dort zu Fuß über die Grenze nach Höchst in Österreich und von dort brachte sie ein Taxi in der Nacht auf 18.03.2020 nach Bregenz. Dort warteten sie bei einer Polizeistation (einzig beheizte Wartemöglichkeit) auf den nächstmöglichen Zug nach Wien. Die gesamten Rückreisekosten beliefen sich auf rund EUR 1.300,00.
Das Bezirksgericht Wien gab der Klage vollumfänglich statt und sprach den Konsumenten sowohl die Kosten für die selbstorganisierte Rückreise als auch eine Preisminderung iHv rund EUR 500,00 für die coronabedingten Reisemängel zu.
Das Pauschalreisegesetz (PRG) normiert, dass für jeden von der Vertragswidrigkeit betroffenen Zeitraum der Pauschalreise der Reisende Anspruch auf eine angemessene Preisminderung hat. Der Anspruch auf Preisminderung besteht auch dann, wenn die Vertragswidrigkeit durch unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände – wie in diesem Fall durch den Ausbruch der Covid-19-Pandemie – verursacht wurde. Bei ausschließlichem Aufenthalt auf dem Zimmer entfällt der Nutzen des Urlaubs beinahe zur Gänze, da eine Inanspruchnahme sämtlicher Leistungen außerhalb des Zimmers, wie beispielsweise das Baden bei einem Badeurlab, nicht möglich ist. Da ab dem 14.03.2020 mittags die Anweisung bestand, auf dem Zimmer zu bleiben, war für diese Tage des Verweilens auf dem Zimmer (14.03., 15.03. und 16.03.) eine Reisepreisminderung von 70 % des anteiligen Reisepreises zu veranschlagen. An den Tagen ab Rückreise (17.03. bis 19.03.) gebührte eine 100 % Reisepreisminderung.
Hat die Vertragswidrigkeit erhebliche Auswirkungen auf die Durchführung der Pauschalreise und ist es dem Reiseveranstalter unmöglich, diese zu beheben, kann der Reisende vom Vertrag zurücktreten. Ist die Rückbeförderung Teil des Pauschalreisevertrags, hat der Reiseveranstalter bei einem Rücktritt der Reisenden unverzüglich und ohne Mehrkosten für eine Rückbeförderung mit einem gleichwertigen Beförderungsdienst zu sorgen. Der Reiseveranstalter BigXtra Touristik ist dem nicht nachgekommen. Daher können die Konsumenten die für die selbstorganisierte Rückreise aufgewandten Kosten iHv EUR 1.300,00 gegenüber dem Reiseveranstalter geltend machen.
BG Eisenstadt 28.02.2022, 2 C 889/21i (rechtskräftig)
Klagsvertreter: Mag. Matthias Strohmayer, LL.M., Rechtsanwalt in Wien
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