Klausel 1 (Artikel 2, Pkt 2.3 ABB): „ENTGEGENSTEHENDE REGELUNGEN
Bei Widersprüchen zwischen den vorliegenden Beförderungsbedingungen und unseren Regelungen haben die Beförderungsbedingungen Vorrang.“
Der OGH hat jüngst in 4 Ob 63/21z eine vergleichbare, in den Beförderungsbedingungen einer anderen Fluggesellschaft enthaltenen, Klausel für intransparent erachtet, weil sie den Verbraucher dazu verpflichtete, unterschiedliche Vertragsbestimmungen miteinander zu vergleichen und diese auf einen Widerspruch hin zu überprüfen. Dies widerspreche dem Gebot der Sinnverständlichkeit einer allgemeinen Vertragsbestimmung iSd § 6 Abs 3 KSchG. Die Unverständlichkeit der Regelung werde noch dadurch verstärkt, dass völlig unbestimmt auf irgendwelche Widersprüchlichkeiten Bezug genommen werde.
Der erkennende Senat teilt diese Erwägungen. Die in der Klausel enthaltene Vorrangregelung ändert nichts an dieser Intransparenz, zwingt sie den Verbraucher doch dazu, im Einzelfall zu beurteilen, ob die „Regelungen“ der Beklagten mit den Beförderungsbedingungen im Widerspruch zueinander stehen oder nicht.
Die Klausel ist unzulässig.
Klausel 7 (Artikel 4, Pkt 4.1 Satz 3 ABB): „FLUGPREISE
Der Flugpreis wird gemäß den am Tag der Bezahlung geltenden Preisen für die Reise am angegebenen Datum für die angegebene Reiseroute berechnet.“
Die Klausel verstößt weder gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG (Unzulässige Preisgleitklausel) noch gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG.
Klausel 9 (Artikel 4, Pkt 4.2.1 ABB): „STEUERN, GEBÜHREN UND ABGABEN
Flughafen-Abfertigungsgebühren, Sicherheitsabgaben, sämtliche vom Staat eingehobene Steuern (einschließlich aber nicht beschränkt auf Großbritanniens Fluggaststeuer) sowie von uns verrechnete Abgaben für Leistungen im Zusammenhang mit einem von uns betriebenen und von Ihnen in Anspruch genommenen Flug, müssen von Ihnen in der am Zeitpunkt Ihrer Buchung geltenden Höhe entrichtet werden.“
Bei der im Verbandsprozess gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung ist der Klausel nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass lediglich die Gebühren und Steuern, die bereits bei der Buchung ausgewiesen waren, zu zahlen sind. Vielmehr erweckt die Klausel bei kundenfeindlichster Auslegung den Eindruck, es seien weitere Gebühren und Steuern, die zum Zeitpunkt der Buchung „gegolten“ haben, zu zahlen. Durch die Verwendung des Wortes „geltenden“ bleibt die Auswirkung der Klausel unklar. Sie ist daher intransparent im Sinne § 6 Abs 3 KSchG.
Klausel 23 (Artikel 8, Pkt 8.4.7 ABB): „AUFGEGEBENES GEPÄCK
Stumpfe Instrumente: jedes stumpfe Instrument, das Verletzungen hervorrufen kann, einschließlich Tennis-, Baseball- und Softball-Schläger, feste oder biegsame Keulen oder Schlagstöcke (etwa Knüppel, Gummiknüppel und -stöcke), Cricket-, Golf-, Hockey- und Hurley-, Lacrosse-Schläger, Kanu- und Kayakpaddel, Skateboards, Billiard-, Snooker und Pool-Stöcke, Angelruten, Kampfsportausrüstung wie Schlagringe, Schläger, Knüppel, Totschläger, Nunchaku, Kubatons, Kubasaunts;“
Klausel 24 (Artikel 8, Pkt 8.4.9 ABB): Spitze und scharfe Objekte: spitze oder scharfe Objekte, die Verletzungen hervorrufen können, einschließlich Äxte und Beile, Pfeile und Wurfpfeile, Steigeisen und Hochgebirgsausrüstung wie Eisgerät, Eisspikes, spitze Kletterbehelfe usw., Harpunen und Speere, Eispickel und -äxte, Schlittschuhe, Messer mit Klingenlänge über 6 cm (inkl. Feststell- und Springmesser), Ritual- und Jagdmesser aus Metall oder einem anderen Material, das stark genug ist, um es als Waffe einsetzbar zu machen, Fleischerbeile, Macheten, offene Rasiermesser und -klingen (ausgenommen Sicherheitsrasierer oder Einwegrasierer mit Klingen in Kassette), Säbel, Schwerter und Degen, Skalpelle, Scheren mit einer Klingenlänge über 6 cm, Ski- und Wanderstöcke, Wurfsterne, Werkzeuge mit einer Klingen- oder Schaftlänge über 6 cm, wenn diese als spitze oder scharfe Waffen verwendet werden können (etwa Bohrer und Bohraufsätze), alle Arten von Sägen, Schraubendreher, Brechstangen, Zangen, Schraubenschlüssel, Lötlampen.“
Der Kläger brachte vor, dass den Klauseln nicht zu entnehmen sei, dass sie sich auf das Handgepäck beziehen, wodurch die Auswirkungen der Klauseln unklar blieben. Überdies könnte mit der Aufzählung auch gemeint sein, dass derartige Gegenstände gar nicht mitgeführt werden dürften, dass sie einer speziellen Anmeldung unterlägen oder dass für ihre Beförderung spezielle Sicherheitsvorschriften gelten würden oder bestimmte Gebühren entrichtet werden müssten.
Der OGH hält diese Rechtsmittelausführungen für nicht stichhältig, Die Anforderungen an das Transparenzgebot dürfen nicht überspannt werden.
Artikel 8 ABB trägt die Überschrift „Gepäck“, Punkt 8.3 die Überschrift „Handgepäck“ und Punkt 8.4 die Überschrift „Aufgegebenes Gepäck“. Im letztgenannten Punkt finden sich die Klauseln 23 und 24. Für einen durchschnittlichen Fluggast kann es nach dem Lesen dieser Klauseln nicht zweifelhaft sein, dass die darin genannten Gegenstände nicht im Handgepäck mitgeführt, sondern nur im aufgegebenen Gepäck transportiert werden dürfen.
Die Klauseln sind zulässig.
Klausel 25 (Artikel 10, Pkt 10.1 ABB): „NICHTERSTATTBARKEIT
Vorbehaltlich anderslautender Bestimmungen in den Artikeln 4.2, 10.2 und 10.3 sind alle Beträge, die für von uns selbst betriebene Flüge (Inkl. alle Gelder für optionale Dienstleistungen, die von uns zur Verfügung gestellt werden), bezahlt worden sind, nicht erstattungsfähig.“
Die Klausel ist unzulässig: Nach der Rechtsprechung führt die Unzulässigkeit der Bestimmung, auf die verwiesen wird, zwingend zur Unzulässigkeit der verweisenden Bestimmung (RS0122040). Denn durch den Verweis wird die Bestimmung, auf die verwiesen wird, zu einem Teil der verweisenden Bestimmung, sodass eine getrennte Beurteilung nicht mehr möglich ist. Dies ist hier der Fall, weil die Klausel 25 ua auf die Artikel 4.2 und 10.2 der ABB Bezug nimmt. Der Inhalt des Artikels 4.2.1 wurde in den Klauseln 9 bis 12 behandelt. Die Klausel 9 ist unzulässig. Die Klauseln 10 bis 12 wurden vom Berufungsgericht rechtskräftig untersagt. Der Inhalt des Artikels 4.2.2 wurde in den Klauseln 13 und 14 behandelt und vom Berufungsgericht rechtskräftig als unwirksam beurteilt. Der Inhalt des Artikels 10.2 wurde in der Klausel 26 behandelt und vom Berufungsgericht rechtskräftig als unwirksam beurteilt.
Klagsvertreter: Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien