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VKI: Mehrere Klauseln der Allgemeinen Versicherungsbedingungen von UNIQA gesetzwidrig

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag des Sozialministerium die UNIQA Österreich Versicherungen AG (UNIQA) geklagt. Gegenstand des Verbandsverfahrens waren 18 Klauseln in den Versicherungsbedingungen der UNIQA. Bereits in den Unterinstanzen wurden 11,5 Klauseln, unter anderem eine Klausel zum Unterjährigkeitszuschlag, rechtskräftig für unzulässig erklärt. Gegenstand des noch anhängigen Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof (OGH) sind nur noch drei in zweiter Instanz für unzulässig erklärte Klauseln. Betroffene Konsument:innen können nach Ansicht des VKI die verrechneten Unterjährigkeitszuschläge zurückfordern, wofür der VKI einen Musterbrief kostenlos zur Verfügung stellt.

Die UNIQA legte bei zahlreichen Versicherungsverträgen die „Allgemeinen Bedingungen der Er- und Ablebensversicherungen, Pensionsversicherungen und Ablebensrisikoversicherungen idF 03/2019“ zu Grunde, von denen folgende Klauseln Gegenstand dieses Verbandsverfahrens sind bzw waren:

Klausel 1:

„§ 1 Abs 3: Vertragsgrundlagen sind Ihr Antrag, die Versicherungspolizze mit den darin enthaltenen Tabellen der Rückkaufswerte und prämienfreien Versicherungsleistungen samt sonstiger Anlagen, der vereinbarte Tarif sowie die Versicherungsbedingungen, auf dem der vereinbarte Tarif beruht.“

Sowohl das Berufungsgericht als auch das Erstgericht erachteten die Klausel als zulässig. Die Entscheidung zu Klausel 1 ist rechtskräftig.

Klausel 2:

„§ 2 Abs 2 erster Satz: Der Versicherungsschutz beginnt, sobald wir die Annahme Ihres Antrags schriftlich oder durch Zustellung der Versicherungspolizze erklären und sie die erste oder einmalige Prämie rechtzeitig bezahlt haben.“

Laut HG Wien wird einem durchschnittlich verständigen Verbraucher bei besagter Klausel der Eindruck vermittelt, dass der Beginn des Versicherungsschutzes an folgende zwei Voraussetzungen geknüpft ist: Zum Einen ist eine Annahme schriftlich oder durch Zusendung der Polizze notwendig und zum Anderen die rechtzeitige Prämienzahlung innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Aufforderung. Es wird jedoch nicht näher darauf eingegangen, dass im Fall, in welchem es zu einem Eintritt eines Versicherungsfalles kommt und die Prämie noch nicht gezahlt ist, es bei fristgerechter Zahlung zu einer rückwirkenden Gefahrtragung des Versicherers kommt. Bei Versicherungsfällen, die innerhalb der 14-Tagesfrist eintreten, kann sich der Versicherungsnehmer die Leistungspflicht des Versicherers dadurch rückwirkend (auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder den abweichend vereinbarten Versicherungsbeginn) erkaufen, dass er die Prämie innerhalb der gesetzlich festgelegten Zahlungsfrist von 14 Tagen bezahlt. Das HG Wien pflichtete somit dem VKI bei, dass besagte Klausel intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG ist und beurteilte die Klausel als unzulässig. Die Entscheidung zu Klausel 2 ist rechtskräftig.

Klausel 3:

§ 3 Abs 2 erster Satz: Sie können die Jahresprämie nach Vereinbarung auch in Raten bezahlen, dann jedoch mit Zuschlag.

Gemäß § 2 Abs 6 LV-InfoV 2018 ist der Versicherungsnehmer im Hinblick auf die Modalitäten der ihn treffenden Zahlungspflichten gemäß § 135c Abs 1 Z 6 VAG 2006 über die Höhe allfälliger Zuschläge oder Abschläge für die jeweils angebotenen Zahlungsweisen vorvertraglich zu informieren. Wie das HG Wien ausführt, ist dies der Beklagten durchaus möglich, denn die Höhe der Zuschläge sind in den, der FMA übermittelten, Tarifen festgelegt. Des Weiteren wurde gegenständliche Klausel laut HG Wien schon vom OGH in der Entscheidung 7 Ob 5/16k wie folgt beurteilt: Nach dem Wortlaut ergibt sich klar, dass unterjährige Prämien gegen Zuschlag vereinbart werden können. Die Textierung lässt aber nicht erkennen, ob der Versicherungsnehmer wegen einer noch notwendigen Vereinbarung Einfluss auf die Höhe des Zuschlags nehmen kann oder ob er ihn - wie vom Versicherer einseitig in unbekannter Höhe vorgegeben - akzeptieren muss. Damit ist der Versicherungsnehmer über seine Rechtsposition im Unklaren.

Das HG Wien pflichtete somit dem VKI bei, dass besagte Klausel intransparent und somit unzulässig ist, da sie nicht den Anforderungen des Transparenzgebots gem. § 6 Abs 3 KSchG entspricht. Die Entscheidung zu Klausel 3 ist rechtskräftig.

Anmerkung: In vielen Verträgen, in denen Unterjährigkeitszuschläge verrechnet wurden, ergeben sich für die Versicherungsnehmer:innen nach Ansicht des VKI Rückforderungsansprüche. Der VKI empfiehlt in derartigen Fällen, Ansprüche gegen UNIQA schriftlich geltend zu machen und die Bekanntgabe der Höhe der Zuschläge sowie die Rückzahlung zu fordern. Um den Konsument:innen die Geltendmachung ihrer Ansprüche zu erleichtern, hat der VKI einen Musterbrief vorbereitet.

Klausel 4:

„§ 4 Abs 2 zweiter Satz: Bezahlen Sie den Rückstand nicht innerhalb der in der Mahnung gesetzten Frist von zwei Wochen, können wir den Vertrag zum Ablauf der Frist kündigen.“

Die Wirkungen der Kündigung fallen fort, wenn der Versicherungsnehmer innerhalb eines Monates nach der Kündigung oder, falls die Kündigung mit der Fristbestimmung verbunden worden ist, innerhalb eines Monates nach dem Ablauf der Zahlungsfrist die Zahlung nachholt, sofern nicht der Versicherungsfall bereits eingetreten ist (§ 39 Abs 3 letzter Satz VersVG). Das HG Wien bemängelt, dass der durchschnittlich verständige Verbraucher in der Klausel nicht darauf hingewiesen wird, dass gemäß § 39 Abs 3 VersVG die Kündigung bei verspäteter Zahlung und ohne Eintritt eines Versicherungsfalls wieder wegfällt.

Ist der Versicherungsnehmer gemäß § 39a VersVG bloß mit nicht mehr als 10 vH der Jahresprämie, höchstens aber mit 60 Euro im Verzug, so tritt eine im § 38 oder § 39 VersVG vorgesehene Leistungsfreiheit des Versicherers nicht ein. Diese Information zur Einschränkung der Kündigungsmöglichkeit wird – wie das HG Wien ausführt – in beanstandeter Klausel verschwiegen.

Das HG Wien sah bei der Klausel daher einen Verstoß gegen § 39 Abs 3, § 39a VersVG und § 6 Abs 3 KSchG. Die Entscheidung zu Klausel 4 ist rechtskräftig.

Klausel 5:

„§ 5 Abs 2: Für durch Sie veranlasste Mehraufwendungen für Ihren Versicherungsvertrag verrechnen wir angemessene Gebühren, und zwar:

- für die Zahlungserinnerung bei Zahlungsverzug der Erstprämie 4 Euro;

- für die Rechtsanwaltsdrohung bei Zahlungsverzug der Erstprämie 8 Euro;

- für die Mahnung nach § 39 VersVG bei Zahlungsverzug einer Folgeprämie 9 Euro

- für die Rechtsanwaltsdrohung bei weiterem Zahlungsverzug 13 Euro;

- bei Lastschriftrückweisung stellen wir Ihnen die uns angelasteten Gebühren in Rechnung.“

Das Erstgericht erachtete die gesamte Klausel als unzulässig.

Das Berufungsgericht meinte hingegen, dass nicht nur eine, sondern zwei eigenständige Klauseln vorliegen würden. Die Mahngebühren und die Gebühren für die Lastschriftanweisung würden eigenständige Regelungsbereiche betreffen. Für die weitere Behandlung der Berufung wurden daher die Regelungen der Mahngebühren in den vier ersten Aufzählungszeichen (Klausel 5.a.) und die Gebühren für die Lastschriftanweisung im fünften Aufzählungszeichen (Klausel 5.b.) vom Berufungsgericht gesondert behandelt.

Zur Klausel 5.a. (Mahngebühren):

Schon aufgrund des Regelungsinhalts und -zwecks ist § 41b VersVG – wie das OLG Wien ausführt - nicht lex specialis zu § 1333 Abs 2 ABGB. Die Klausel ist daher auch anhand des § 1333 Abs 2 ABGB zu prüfen.

Das Fehlen eines Hinweises, dass die vom Schuldner zu ersetzenden Kosten der Betreibung oder Einbringung in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen müssen, macht eine Klausel intransparent, weil sie dem Kreditnehmer ein unklares Bild seiner vertraglichen Position vermittelt. Er könnte sich laut OLG Wien aufgrund der Klausel veranlasst sehen, Betreibungskosten auch dann zu ersetzen, wenn ihre Höhe in keinem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung steht. Allein der Umstand, dass jeweils Höchstbeträge genannt sind, ändert für das OLG Wien nichts, weil damit weder gewährleistet ist, dass ein angemessenes Verhältnis zur betriebenen Forderung besteht, noch dass nur der notwendige Aufwand verrechnet wird, was aber Voraussetzung für die Zulässigkeit wäre. Da die Regelung zwar auf die Angemessenheit verweist, dessen ungeachtet aber absolute Beträge für die einzelnen Mahnschritte vorsieht, könnten in kundenfeindlichster Auslegung selbst für geringste Zahlungsrückstände Mahngebühren von bis zu EUR 13,- in Rechnung gestellt werden.

Aber auch einer Prüfung nach § 41b VersVG halten die Regelungen über die Mahngebühren laut OLG Wien nicht stand. Es dürfen nur die tatsächlichen Mehraufwendungen als Gebühren verrechnet werden. Wieso diese Mehraufwendungen sich danach unterscheiden, ob es sich um eine Mahnung für eine Erst- oder Folgeprämie handelt und wieso die Rechtsanwaltsdrohungen zusätzliche Mehraufwendungen von EUR 4 verursachen, ist für das OLG Wien nicht nachvollziehbar. Dass die Beträge dem tatsächlichen Mehraufwand entsprechen, steht auch nicht fest.

Die Klausel 5.a. wurde daher als unzulässig beurteilt.

Die Klausel 5.b. (Gebühren für Lastschriftanweisung) erachtete das OLG Wien als zulässig.

Die Entscheidung zu Klausel 5.a. und 5.b. ist rechtskräftig.

Klausel 6:

„§ 5 Abs 3 erster Satz: Attestkosten: Etwaige anfallende Kosten für ärztliche Untersuchungen, die im Rahmen der Antragstellung (abhängig von der Tarifart, der Versicherungssumme und des Alters der zu versicherden Person) erforderlich werden, sind pauschal vom Versicherungsnehmer zu tragen, außer es wurde abweichend vereinbart.“

Wie das HG Wien ausführt, sind Attestgebühren Nebengebühren iSd § 41b VersVG, welche bei Lebensversicherungen als unzulässig angesehen werden und daher eine Abgeltung ausgeschlossen ist.

Das HG Wien urteilte, dass bei besagter Klausel ein Verstoß gegen § 41b VersVG und § 879 Abs 3 ABGB vorliegt. Die Entscheidung zu dieser unzulässigen Klausel 6 ist rechtskräftig.

Klausel 7:

„§ 6 Abs 2 dritter Satz: Der Abzug beträgt: (…) – bei Versicherungsverträgen gegen laufende Prämie in den ersten drei Jahren 5 %, danach verringert sich der Abzug pro Jahr um einen halben Prozentpunkt bis zum Erreichen des Mindestabzugs von 2 % der Deckungsrückstellung.“

Klausel 8:

„§ 6a Abs 2 erster Satz: Bei der Prämienfreistellung wird nach den geschäftsplanmäßigen Bestimmungen für die restliche Versicherungsdauer auf der Grundlage des Rückkaufswertes (siehe § 6 Abs. 2 bzw. 3) eine verminderte Versicherungssumme (bei Er- Und Ablebens- und Ablebensrisikoversicherungen) bzw. eine verminderte Jahrespension (bei Pensionsversicherungen) ermittelt.“

Bereits das Erstgericht sah die Klauseln als unzulässig an.

Auch nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Klausel unzulässig. Ein Stornoabzug ist – wie das OLG Wien ausführt – nur gerechtfertigt, wenn er der Höhe nach ausreichend nachvollziehbar bestimmt vereinbart wurde und angemessen ist. Angemessenheit bedeutet, dass der Abzug dem Grunde und der Höhe nach gerechtfertigt sein muss. Für die Angemessenheit des Stornoabzugs trägt der Versicherer die Beweislast. Mangels feststehender Angemessenheit verstößt die Klausel laut OLG Wien gegen § 176 Abs 4 VersVG.

Die Unzulässigkeit einer Bestimmung, auf die verwiesen wird, führt zur Unzulässigkeit der verweisenden Bestimmung (RS0122040). Klausel 8 verweist auf Klausel 7.

Die Klauseln 7 und 8 erachtete das OLG Wien daher als unzulässig. Die Entscheidung zu diesen beiden Klauseln ist noch nicht rechtskräftig.

Klausel 9:

„§ 6b: Nach Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung ist eine Reaktivierung nur mehr mit Zustimmung des Versicherers möglich.“

Das Erstgericht sah die Klausel als zulässig an. Die Entscheidung zu Klausel 9 ist rechtskräftig.

Klausel 10:

„§ 7 Abs 1 zweiter Satz: Für diese Vorauszahlung sind zu vereinbarende Zusatzprämien zu bezahlen, auf die die Bestimmungen des § 4 anzuwenden sind.“

Gemäß § 91 Abs 1 Z 6 VAG 2006 hat der Versicherungsvertrag eine Bestimmung zu erhalten, in welcher die Voraussetzungen und der Umfang der Vorauszahlungen enthalten sein muss. Laut HG Wien ist Transparenz iSd § 6 Abs 3 KSchG nicht gegeben, denn es ist nicht ersichtlich wie hoch oder auf welcher Berechnungsgrundlage Zusatzprämien für die Vorauszahlung zu bezahlen sind. Die Textierung lässt nicht erkennen, ob der Versicherungsnehmer Einfluss auf die Höhe des Zuschlags nehmen kann oder ob er ihn - wie vom Versicherer einseitig in unbekannter Höhe vorgegeben - akzeptieren muss. Damit ist der Versicherungsnehmer laut HG Wien über seine Rechtsposition im Unklaren.

Das HG Wien pflichtete damit dem VKI bei, dass die beanstandete Klausel § 6 Abs 3 KSchG widerspricht und deshalb zu verbieten ist. Die Entscheidung zu Klausel 10 ist rechtskräftig.

Klausel 11:

„§ 12 Abs 3 letzter Satz: Die Kosten dieser Nachweise trägt der Bezugsberechtigte.“

Gemäß § 41b VersVG darf der Versicherer neben der Prämie nur solche Gebühren verlangen, die der Abgeltung von Mehraufwendungen dienen, die durch das Verhalten des Versicherungsnehmers veranlasst worden sind; die Vereinbarung davon abweichender Nebengebühren ist unwirksam. Das Verhalten des Versicherungsnehmers muss für die dem Versicherer entstehende Kosten kausal gewesen sein. Die Kosten sind laut HG Wien hier jedoch nicht durch ein Verhalten des Versicherungsnehmers veranlasst, sondern entstehen dadurch, dass der Versicherer Nachweise verlangt, um das Vorliegen etwaiger Versicherungsfälle auszuschließen.

Die Klausel verstößt nach Ansicht des HG Wien somit gegen § 41b VersVG, zumal die Kosten für Nachweise – sofern sie über die amtliche Sterbeurkunde hinausgehen - auf den Bezugsberechtigten überwälzt werden, obwohl jene vom Versicherer zu tragen wären. Die Klausel wurde daher vom HG Wien als unzulässig beurteilt. Die Entscheidung zu Klausel 11 ist rechtskräftig.

Klausel 12:

„§ 12 Abs 4 letzter Satz: Bei Überweisungen außerhalb der Europäischen Union trägt der Empfänger die Gefahr und die Kosten.“

Nach § 41b VersVG darf der Versicherer neben der Prämie nur solche Gebühren verlangen, die der Abgeltung von Mehraufwendungen dienen, die durch das Verhalten des Versicherungsnehmers veranlasst worden sind; die Vereinbarung anderer Nebengebühren ist unwirksam.

Der OGH weist – wie das HG Wien ausführt - in seiner Rechtsprechung auf die Gefahrtragungsregel des § 905 Abs 2 ABGB hin, wonach im Zweifel der Schuldner (also die Versicherung) bis zur Zahlung die Gefahr des zufälligen Verlustes trägt. Gleichermaßen hat im Zweifel die Versicherung Geldzahlungen auf ihre Kosten dem Verbraucher an dessen Wohnsitz zu überweisen. Der OGH sieht in der Klausel eine unangemessene und sachlich nicht gerechtfertigte Abweichung von dieser dispositiven Bestimmung, weshalb diese als gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB zu beurteilen sind. Hinzu kommt noch, dass die Klausel auch gegen § 41b VersVG verstößt, weil darin Gebühren verlangt werden, welche keine Mehraufwendungen darstellen.

Das HG Wien beurteilte die Klausel daher als unzulässig, da besagte Klausel sowohl gegen § 41b VersVG verstößt als auch gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB ist. Die Entscheidung zu Klausel 12 ist rechtskräftig.

Klausel 13:

„§ 14: Der Versicherungsnehmer beziehungsweise die versicherten(n) Person(en) können vom Versicherer eine Begründung verlangen, wenn die Gesundheitsauskünfte aus risikobedingten Gründen eine Ablehnung, eine Vereinbarung eines Prämienzuschlags, einen Risikoausschluss, eine Verminderung der Leistung oder eine besondere Wartefrist erforderlich machen, sofern dem Versicherer der Nachweis für das Vorliegen einer Behinderung erbracht wird (z.B. durch einen gültigen Behindertenpass des Bundessozialamts oder einen gültigen Einstellungsschein gemäß Behinderteneinstellungsgesetz).“

§ 1d Abs 3 VersVG ordnet an, dass der Versicherer gegenüber einer behinderten Person offenlegen muss, aufgrund welcher Daten die Differenzierung gerechtfertigt ist. Die Gründe für die konkrete Gefahrenerhöhung und den Prämienzuschlag sind in einer gesonderten Urkunde auszuweisen; diese ist dem Versicherungsnehmer spätestens mit dem Versicherungsschein zu übermitteln.

Erstens muss der Versicherer dem Wortlaut der Bestimmung nach offenlegen, wieso er zu einer Erhöhung der Gefahr kommt, wie sich der Prämienzuschlag ergibt und wieso ein Risiko nicht versicherbar ist. Zweitens muss der Versicherer der behinderten Person bei Vorliegen statistischer Daten über die Risikoerhöhung immer offenlegen, warum er sie anders behandelt als eine gesunde Person.

Das HG Wien betont, dass der Versicherer von sich aus, unaufgefordert die Gründe für einen Prämienzuschlag oder mangelnde Versicherbarkeit in einer gesonderten Urkunde offenzulegen hat. Dem Gesetz ist auch nicht zu entnehmen, dass diese Offenlegungspflichten erst mit der Vorlage eines amtlichen Nachweises einer Behinderung entstehen. Dem VKI wurde somit beigepflichtet, dass die Klausel sowohl gegen § 1d Abs 3 VersVG als auch gegen § 6 Abs 3 KSchG verstößt und aus diesen Gründen zu verbieten ist. Die Entscheidung zu Klausel 13 ist rechtskräftig.

Klausel 14:

„§ 15 Abs 1 erster Satz: Für sämtliche Anzeigen und Erklärungen des Versicherungsnehmers an den Versicherer ist die geschriebene Form erforderlich, sofern nicht die Schriftform ausdrücklich und mit gesonderter Erklärung vereinbart wurde.“

Das Erstgericht sah die Klausel als zulässig an. Die Entscheidung zu Klausel 14 ist rechtskräftig.

Klausel 15:

„§ 15 Abs 2: Eine Änderung Ihrer Adresse müssen Sie uns unverzüglich mitteilen. Andernfalls richten wir unsere Erklärungen rechtswirksam an Ihre letzte uns bekannte Adresse; dazu genügt die Absendung eines nicht eingeschriebenen Briefes.“

Das HG Wien pflichtete dem VKI bei, dass besagte Klausel sowohl gegen § 10 VersVG verstößt als auch unklar formuliert iSd § 6 Abs 3 KSchG ist und aus diesem Grund zu verbieten ist. Die Entscheidung zu Klausel 15 ist rechtskräftig.

Anmerkung: Die Klage zu Klausel 16 wurde zurückgezogen.

Klausel 17:

„§ 17 Abs 2: Abtretungen (Zessionen) der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag an Dritte sind nur mit Zustimmung des Versicherers wirksam.“

Die Beklagte hat keine Gründe genannt, die eine sachliche Rechtfertigung für ein umfassendes Abtretungsverbot darstellen. Ohne sachliche Rechtfertigung verstößt aber die Klausel laut OLG Wien gegen § 879 Abs 3 ABGB, weil sämtliche Abtretungen von Ansprüchen untersagt werden, und zwar auch solche zur Geltendmachung an einen in § 29 KSchG genannten Verband und bereits endgültig festgestellte.

Die Klausel wurde daher vom OLG Wien als unzulässig angesehen. Die Entscheidung zu Klausel 17 ist noch nicht rechtskräftig.

Klausel 18:

„§ 21 erster Satz: Im Sinne des § 172 VersVG wird der Versicherer im Fall einer bedeutenden, unvorhersehbaren und nicht nur vorübergehenden Veränderung der Risikoeintrittswahrscheinlichkeiten (zB Sterbe- oder Berufsunfähigkeitswahrscheinlichkeit) eine Anpassung der Prämie vornehmen.“

Da die Klausel keine Regelung enthält, wie die Prämienerhöhung ausfällt bzw berechnet wird, ist sie laut OLG Wien intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG und daher unzulässig. Die Entscheidung zu Klausel 18 ist rechtskräftig.

Klausel 19:

"§ 2 Versicherungsbedingungen für die Gewinnbeteiligung: Die Gewinnbeteiligung besteht bei Versicherungen gegen Einmalerlag oder prämienfreigestellter Summe aus dem Zinsgewinnanteil. Der Zinsgewinnanteil stellt den Gewinn aus der Überverzinsung dar. Dieser Mehrertrag wird aus der Veranlagung der Deckungsrückstellung zu einem höheren als dem Rechnungszinsfuß erzielt."

Das HG Wien pflichtete dem VKI bei, dass aus dem Klauselwortlaut „Zinsgewinnanteil“ und der anschließenden Definition lediglich eine Beteiligung am Veranlagungszins und nicht auch an Risiko- und Kostengewinnen, wie das gemäß § 92 Abs 4 VAG 2016 iVm § 4 LV-GBV aufsichtsrechtlich zwingend vorgeschrieben ist, zu entnehmen ist.

Die Klausel verstößt laut HG Wien aber auch gegen § 135c Abs 1 Z 3 VAG 2016 iVm § 9 LV-InfoV 2018, denn gem. § 9 LV-InfoV 2018 muss die Vereinbarung zur Gewinnbeteiligung die einzelnen Gewinnkomponenten (Kapital-, Risiko- und Kostenergebnis) benennen und diese dem Versicherungsnehmer insbesondere im Hinblick auf die Entstehung, Verteilung und Verwendung der Gewinne erläutern.

Das HG Wien führt weiters aus: Für einen durchschnittlich verständigen und redlichen Versicherungsnehmer ist nicht ersichtlich, dass unter „Zinsgewinnanteil“ auch Kosten- und Sterblichkeitsgewinne erfasst sind. Der Verbraucher soll in die Lage versetzt werden, sich mit angemessenem Aufwand ein Bild über diejenigen Rechte und Pflichten zu machen, die mit dem von ihm in Aussicht genommenen Vertrag verbunden sind (Abschlusstransparenz), was bei beanstandeter Klausel nicht der Fall ist.

Demnach verstößt die Klausel gegen § 6 Abs 3 KSchG und das HG Wien pflichtete dem VKI aus den angeführten Gründen bei und untersagte die Klausel. Die Entscheidung zu Klausel 19 ist rechtskräftig.

Die Urteile im Volltext:

HG Wien 19.08.2022, 53 Cg 33/21f

OLG Wien 30.01.2023, 1 R 167/22v

Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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