In Schreiben der Bank vom Oktober 2016 wird festgehalten, dass ein Bedürfnis nach neuen Produktpaletten bestehe, die bisherigen Girokontomodelle eingestellt werden und die Kunden mit den neuen Modellen in den ersten drei Monaten bis zu EUR 14,70 sparen. Allerdings: Wenn man nicht bis spätestens 31.12.2016 auf ein anderes Kontomodell oder ein anderes Kreditinstitut wechselte, wurde die Kontoverbindung per 31.01.2017 "beendet". Empfohlen wurde ein direkter Umstieg auf ein konkretes anderes Kontopaket.
Sowohl das HG Wien, als auch das OLG Wien gaben dem VKI vollinhaltlich Recht.
Nun liegt die Entscheidung des OGH vor.
Der OGH äußerte sich zu den inkriminierten Verstößen jeweils gesondert.
Die Voraussetzungen für eine inhaltliche Prüfung dieser Behauptungen im Verbandsprozess liegen hier laut OGH vor.
ÄNDERUNGSKÜNDIGUNG:
Der OGH führte aus, dass eine Änderungskündigung auch hinsichtlich (unbefristeter) Zahlungsdiensterahmenverträge als möglich sowie zulässig zu beurteilen ist.
Anwendbarkeit von § 29 ZaDiG:
Zur Frage ob auf die hier vorliegende Vorgangsweise § 29 ZaDiG oder § 30 ZaDiG anwendbar ist führte der OGH wie folgt aus:
Zwischen einer "regulären" und einer Änderungskündigung gibt es Abweichungen. Würde bei einer Änderungskündigung nur § 30 ZaDiG anwendbar sein, dann wären auf die vorgeschlagenen Änderungen keine Transparenzbestimmungen anwendbar. Der OGH verneinte die "ausschließliche Anwendung" des § 30 Abs 1 ZaDiG auf die hier vorliegende Situation. § 30 ZaDiG beinhaltet nämlich keine Regelung zur "Unterbreitung eines entsprechenden Änderungsvorschlags".
Der Tatbestand des § 29 Abs 1 Z 1 ZaDiG ist auch bei einer Änderungskündigung erfüllt. Denn auch hier wird dem Zahlungsdienstnutzer von dessen Zahlungsdienstleister ein Angebot hinsichtlich einer Vertragsänderung unterbreitet, auch wenn die Ablehnung des Angebots die Kündigung zur Folge hat.
Der OGH differenzierte hier genau zwischen den Fällen des § 29 Abs 1 Z 2 ZaDiG und § 29 Abs 1 Z 1 ZaDiG. § 29 Abs 1 Z 2 ZaDiG beinhaltet ein weiteres "Informationserfordernis", wenn eine Vereinbarung iSd § 28 Abs 1 Z 6 lit a ZaDiG vorhanden ist. Dieses fehlt bei § 29 Abs 1 Z 1 ZaDiG aber, wonach in diesem Fall ein weiterer Anwendungsbereich vorliegt. Das Argument der Beklagten § 29 ZaDiG wäre lediglich auf Zustimmungsfiktionen, nicht aber auf Änderungskündigungen anzuwenden wurde daher verneint.
Im vorliegenden Fall soll laut OGH eine Rahmenvertragsänderung gem § 29 Abs 1 Z 1 ZaDiG vorgenommen werden, weil "alle übrigen Vereinbarungen zu gegenständlichem Konto" unverändert bleiben, wenn der Verbraucher das angebotene Kontopaket annimmt. Die auf die "Nichtakzeptanz" des Angebots folgende Kündigung ändert an der Rahmenvertragsänderung laut OGH nichts.
In allen nicht § 29 Abs 2 Satz 1 ZaDiG gegebenen Fällen ist § 29 Abs 1 ZaDiG einzuhalten, wobei nicht danach differenziert wird, ob ausdrücklich oder schlüssig zugestimmt wird. In der Literatur ist unklar, ob die Voraussetzungen des § 29 Abs 1 ZaDiG auch bei individuell angebotenen Änderungen gelten sollen. Die Folge wäre, dass auch vom Kunden explizit gewünschte Vertragsänderungen nach der zweimonatigen Frist in Kraft treten würden. Der OGH beurteilte diese Frage nicht, weil es sich in der vorliegenden Konstellation nicht um individuell ausgehandelte Angebote zur Vertragsänderung handelt. Die Angebote wurden nämlich von der Bank vorformuliert ohne die individuellen Vertragsverhältnisse zu berücksichtigen und sie "auch nicht auf eine individuelle Aushandlung ausgelegt" sind.
Die Ausgestaltung des Angebotes dahingehend, dass der Umstieg "formal vom Kunden ausgeht" ändert an der Vorformulierung des Angebots nichts, weil diese Änderung vom Kreditinstitut vorgeschlagen wurde und auch auf deren Betreiben hin erfolgte. Der OGH sah § 29 Abs 1 ZaDiG daher anwendbar.
Zur INTRANSPARENZ:
Änderungen gem § 29 Abs 1 Z 1 ZaDiG müssen gem § 26 Abs 2 ZaDiG klar und verständlich erfolgen.
Für die Beurteilung der neuen Bedingungen hat man sich laut OGH am Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG zu orientieren. Die vorgeschlagenen Kontopakete sind laut OGH hinsichtlich der Konditionenübersicht klar und verständlich, da sie gleichermaßen auch einem Neukunden so präsentiert werden.
§ 29 Abs 1 Z 1 ZaDiG beinhaltet aber darüber hinausgehende Anforderungen, weil bereits die Rahmenvertragsänderungen dahingehend formuliert sein müssen. Diese Klarheit und Transparenz liegt aber nicht schon dann vor, wenn "nur der Eindruck vermittelt wird, dass sich überhaupt etwas ändert". Die konkrete Änderung selbst bleibt damit unklar.
Der Normzweck des ZaDiG sieht vor, dass "vom Zahlungsdienstleister vorgeschlagene Vertragsbedingungen (-änderungen) dem Verbraucher die wirtschaftlichen Folgen seiner Verpflichtungserklärung nicht nur nicht verschleiert werden dürfen, sondern ihm vielmehr eine fundierte Grundlage für seine Willensbildung zu dem ihm unterbreiteten Vorschlag bieten müssen". Nur aus dem Konditionenblatt für das neue Konto "ist nicht per se ersichtlich", ob sich die Bedingungen "verbessern, verschlechtern oder auch gleich bleiben".
Dies ergibt sich außerdem nur aus dem jeweils gekündigten Kontomodell und der individuellen Kontonutzung des Verbrauchers. Damit der Verbraucher beurteilen kann, ob der "Umstieg auf ein neues Kontopaket erstrebenswert ist" muss der Verbraucher allfällige nachteilige Vertragsänderungen eruieren können. Die bisherigen Kontobedingungen sind entgegen der Meinung der Beklagten und laut OGH "nicht ohne Informationswert". Denn vielmehr erhält der Verbraucher dadurch erst die Möglichkeit die "Sinnhaftigkeit eines Konditionenwechsels" zu beurteilen. Es geht weniger um "deren historischen Wert", als vielmehr um den "Wert als Vergleichsmaßstab für die vorgeschlagenen Änderungen".
Für den durchschnittlichen Verbraucher ist es oftmals "auch nicht nur durch einfache Nachschau" in den Kontoauszügen möglich "die Gesamtheit seiner aktuellen Kontokonditionen" zu eruieren. Daraus sind nämlich "nur regelmäßig wiederkehrende Entgelte", wie etwa die Quartalsgebühr ersichtlich sowie eventuell angefallene Entgelte für beanspruchte Leistungen. Solche können aber auch "länger zurückliegen oder nur einmalig angefallen" sein. Außerdem könnten Rahmenvertragsänderungen "oft punktuell, nicht aber in konsolidierter Fassung des Vertrags" bekanntgegeben worden sein. Das kann für Verbraucher daher "mit einem höheren (Such-)Aufwand verbunden sein". Denn für eine Gesamtbewertung wird der Verbraucher erst die einzelnen Entgelte "zusammensuchen" müssen, oder auch Kontakt mit dem Kundenbetreuer bzw dem Servicecenter aufnehmen. Der Zahlungsdienstleister auf der anderen Seite müsste die jeweiligen aktuellen Vertragskonditionen gem § 26 Abs 4 ZaDiG grds während aufrechtem Vertrag haben.
Der OGH zeigte anschließend noch eine Unterscheidung zwischen "Altkunden" (=Bestandkunden) und Neukunden auf. Ein Altkunde kann sein Konto verlieren, weswegen Vertragsänderungen und -umstiege mit einem höheren Aufwand verbunden sind. Bestandkunden werden daher "nicht schon bei jeder, sondern nur bei einer nicht mehr als akzeptabel empfundenen Verschlechterung" zu einem Wechsel bereit sein. Die Hürde sich marktvergleichend umzusehen wird höher sein als bei neuen Kunden, wobei dies insbesondere bei "für die Teilnahme am Wirtschaftsleben notwendigen" Verträgen gilt, bei denen "ein vertragsloser Zustand für den Kunden keine alltagstaugliche Alternative darstellt".
Die Änderung muss in diesem Fall daher in klarer und verständlicher Weise erfolgen, sodass dem Verbraucher auch der "Umfang der Änderungen" bekannt ist. Der OGH beurteilte die Vorgangsweise aufgrund der nicht erfüllten Transparenzanforderungen daher gegen §§ 29 Abs 1 Z 1 iVm 26 Abs 2 ZaDiG verstoßend.
Der OGH schloss sich der Meinung des Berufungsgerichts an und sah die vom Kläger begehrte " Übermittlung einer Übersicht über die bisherigen Konditionen" als "detaillierte Gegenüberstellung". Dabei merkte der OGH aber an, dass die Informationserteilung "auch auf andere Weise erreicht werden kann" und wollte die Beklagte explizit "nicht in ihrer Methodenwahl" beschränken.
Zur FRIST gem ZaDiG:
Gem § 29 Abs 1 Z 1 ZaDiG müssen die Änderungen "spätestens zwei Monate vor dem geplanten Zeitpunkt ihrer Anwendung" mitgeteilt werden, da sich der Kunde entsprechend informieren können muss.
Die Versendung des Schreibens der Beklagten erfolgte bereits im Oktober 2016, wobei eine Entscheidung zum neuen Konto bis 31.12.2016 möglich war und neue Entgelte erst ab 31.01.2017 zur Verrechnung gelangen sollten. Der OGH sah daher keinen Verstoß gegen die Zweimonatsfrist.
Restliches Klagebegehren:
Zum restlichen Klagebegehren des Klägers führte der OGH aus, dass den für sich genommen unbedenklichen Sätzen 2 und 3 der inkriminierten Klausel (Spruchpunkt 1.b) ohne Satz eins keine eigenständige Bedeutung zukommt.
Der Spruchpunkt 1.b ist laut OGH zu weit gefasst. Diesbezüglich wurde ein Rechtschutzbedürfnis des Klägers verneint und zwar, weil schon das Unterlassungsgebot gem Spruchpunkt 1.a das Rechtsschutzbedürfnis für jene Konstellation abdeckt "dass die Beklagte den Kunden die Änderungskündigung in der festgestellten Weise, das heißt mit dem von ihr erstellten Änderungsanbot unter Beifügung der neuen Konditionenübersicht ausspricht".
Zu Punkt 1.b. ließ der OGH ungeprüft, ob die Klausel auch außerhalb einer Änderungskündigung als Verstoß gegen das Transparenzgebot zu beurteilen wäre.
Zwar könnte man diesen Punkt "losgelöst von der in § 29 Abs 1 Z 1 ZaDiG angesprochenen Situation eines Änderungsvorschlags" betrachten, womit sie auch dann anwendbar wäre, wenn der Kunde "eigeninitiativ" die Änderung des Vertrages wünschen würde ohne, dass die Bank dies vorschlagen würde, aber dies wurde hier nicht argumentiert.
OGH 24.01.2019, 9 Ob 16/18w
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Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, RA in Wien
Anmerkung: die genannten Paragraphenbezeichnungen beziehen sich auf das ZaDiG aF.