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VKI-Verfahren gegen Lufthansa

Der VKI klagte im Auftrag des Sozialministeriums die Deutsche Lufthansa AG wegen Klauseln aus deren Beförderungsbedingungen für Fluggäste und Gepäck (ABB Flugpassage). Der VKI hatte insgesamt 48 Klauseln eingeklagt. Einige davon wurden bereits nach den Unterinstanzen rechtskräftig und waren daher nicht mehr Gegenstand der Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof.

Eine Klausel sieht vor, dass Lufthansa den Flugpreis entsprechend der geänderten Streckenführung nachkalkuliert, wenn die Beförderung nicht auf allen oder nicht in der im Flugschein angegebenen Reihenfolge der einzelnen Teilstrecken angetreten wird. Dies gelte nicht, wenn Fluggäste aufgrund höherer Gewalt, Krankheit oder aus einem von ihnen nicht zu vertretenden Grund daran gehindert waren, den Flug in der gebuchten Form anzutreten und die Gründe Lufthansa sofort nach Kenntniserlangung mitteilen und nachweisen. Der OGH stufte die Klausel für gröblich benachteiligend ein: Kund*innen trifft in solchen Fällen keine Nachzahlungspflicht, wenn sie nicht bewusst das Tarifsystem der Flugunternehmen umgehen wollen, sondern wenn sie erst nach der Buchung veranlasst werden, die Flugreihenfolge zu ändern, etwa bei Flugänderungen wegen der Versäumung oder Verspätung eines Zubringerflugs oder wegen einer nachträglichen schlichten Änderung des Reiseplans. Überdies müssen die Fluggäste hier die Hinderungsgründe sofort nach Kenntniserlangung mitteilen und nachweisen. Die Klausel erfasst damit sogar Situationen, in denen Verbraucher*innen gar keine Möglichkeit zur sofortigen Kontaktaufnahme mit der Luftlinie haben.

Nach einer weiteren Klausel kann Lufthansa Erstattungen ablehnen, wenn der Antrag hierfür später als sechs Monate nach Ablauf der Gültigkeitsdauer gestellt wird. Für den OGH ist diese Bestimmung intransparent, weil offen bleibt, auf welche Ansprüche sich die Befristung des Erstattungsbegehrens konkret bezieht. Bei kundenfeindlichster Auslegung wird Verbraucher*innen suggeriert, dass die Ausschlussfrist von sechs Monaten für alle Ansprüche gilt, die sie gegenüber der Lufthansa geltend machen wollen, weshalb ihnen ein unklares Bild von ihrer Rechtsposition verschafft wird und sie von der Geltendmachung von Ansprüchen außerhalb dieser Frist abgehalten werden sollen.

Eine andere Klausel sieht vor, dass unter anderem dann kein Anspruch auf Beförderung besteht, wenn der vorgelegte Flugschein erheblich beschädigt worden ist. Die Klausel stellt nicht darauf ab, dass die für die Beförderung relevanten Informationen nicht mehr lesbar oder enthalten sind. Überdies wird Kund*innen dadurch die Möglichkeit genommen, ihre Berechtigung zum Flug auf eine andere Weise, etwa durch Vorlage einer Bestätigung des den Flugschein ausstellenden Reisebüros, nachzuweisen.

Für zulässig befunden wurden hingegen etwa die Klauseln, nach denen Lufthansa berechtigt ist, eine Buchung zu streichen, wenn Fluggäste nicht rechtzeitig zum Einsteigen erscheinen oder die Meldeschlusszeiten am Flughafen nicht einhalten.

OGH 20.4.2021, 4 Ob 63/21z

Klagsvertreter: Dr. Stefan Langer, Rechtsanwalt in Wien

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