Im Ausgangsverfahren hat der OGH eine einstweilige Verfügung gegen die Zupf di Besitzschutz GmbH erlassen. Die Antragsgegnerin in diesem Verfahren hatte eine Website (zupfdi.at) betrieben, bei der Betroffene eine Besitzstörung durch das widerrechtliche Abstellen von Kfz melden und deren Ansprüche an die Antragsgegnerin abtreten konnten, woraufhin diese Abmahnschreiben an die (vermeintlichen) Besitzstörer:innen versandte. Zusammengefasst ist das Geschäftsmodell der Antragsgegnerin in der betriebenen Form (insbesondere deshalb) unzulässig, weil es gegen das anwaltliche Vertretungsmonopol (§ 8 RAO) verstößt. Die vermeintliche Einräumung von Mitbesitz an der Liegenschaft an „Zupf di“ wurde als sachenrechtlich unzulässig beurteilt. Weitere Informationen zu diesem Verfahren finden Sie hier.
In einem unabhängig davon geführten Verbandsverfahren gegen die Fumy – The Private Circle GmbH (vormals Mutter-, nunmehr Schwestergesellschaft der Antragsgegnerin des OGH-Verfahrens) wurde die Fumy vom HG Wien (29 Cg 7/23h) - mittlerweile rechtskräftig - zur Unterlassung von sechs Klauseln, ebenfalls betreffend das Geschäftsmodell „Zupf di“, verurteilt. Nähere Informationen zu diesem Verfahren finden Sie hier. Mittlerweile scheint im Impressum von zupfdi.at die ZD Legaltech Solutions Ltd auf.
Ungeachtet der laufenden Umstrukturierungen innerhalb der „Zupf di“-Unternehmensgruppe ergibt sich aus der OGH-Entscheidung zu 4 Ob 5/24z, dass Personen, die an „Zupf di“ gezahlt haben, nach Rechtsauffassung des VKI (zumindest teilweise) Rückforderungsansprüche gegen „Zupf di“ haben. Von den „Besitzschützern“ wurden regelmäßig EUR 399,- pro Vorfall von den (vermeintlichen) Falschparker:innen verlangt. Dies übersteigt den angemessenen Kostenersatz für ein einfaches Aufforderungsschreiben erheblich. Jedenfalls in Bezug auf diese Differenz besteht nach Einschätzung des VKI ein Rückforderungsanspruch für betroffene Verbraucher:innen.
Als Rechtsgrundlagen für diese Rückforderung kommt ein Schadenersatzanspruch aufgrund der Verwendung einer aggressiven/irreführenden Geschäftspraktik gem § 16 Abs 1 UWG in Betracht. Aus Sicht des VKI ist die Vorgangsweise von „Zupf di“ als aggressive Geschäftspraktik (§ 1a UWG) zu qualifizieren, weil Marktteilnehmer:innen (die vermeintlichen Störer:innen) durch unzulässige Beeinflussung und Drohungen dazu genötigt werden, Entgelte an „Zupf di“ zu bezahlen, die nicht berechtigt sind, nämlich weder dem Grunde nach noch der Höhe nach. Insoweit „Zupf di“ den vermeintlichen Sörer:innen wesentliche Informationen vorenthält bzw auf unzutreffende Weise darstellt, um diese zu einer geschäftlichen Entscheidung, nämlich der Abgabe einer Unterlassungserklärung sowie der Zahlung des geforderten Geldbetrages, zu verleiten, liegt auch eine irreführende Geschäftspraktik iSd § 2 Abs 4 UWG vor.
Alternativ können mit „Zupf di“ geschlossene Vergleiche nach Auffassung des VKI wegen des von den „Besitzschützern“ veranlassten Irrtums angefochten (§ 871 ABGB) und die gezahlten Beträge bereicherungsrechtlich (zumindest teilweise) rückgefordert werden (§§ 877, 1437 ABGB). Sowohl der Irrtum über die tatsächlich nicht gegebene Verfügungsbefugnis von „Zupf di“ (sachenrechtlich unwirksame Übertragung von Mitbesitz an den Liegenschaften) als auch der Irrtum über das Bestehen eines wirksamen Anspruchs stellt nach Auffassung des VKI einen wesentlichen Geschäftsirrtum dar und berechtigt betroffene Verbraucher:innen daher zur Anfechtung der Vergleichsvereinbarung.
Soweit ersichtlich existiert zu diesen Fragen noch keine (veröffentlichte) Rechtsprechung. Um die Rechtslage für Verbraucher:innen gerichtlich klären zu lassen, strebt der VKI Musterprozesse gegen die „Zupf di“-Betreiber an.
HG Wien, 29.02.2024, 29 Cg 7/23h (rechtskräftig)